Systemische Beratung hat viele Gesichter und der Versuch einer Begriffsklärung ist je nach „Denkschule“ unterschiedlich. Die Wurzeln der systemischen Beratung und Therapie liegen im Gegensatz zu anderen Beratungsformen weder bei einer Gründungspersönlichkeit noch im historischen Entwurf eines einheitlichen Theoriegebildes. Die Systemische Beratung ist das Werk vieler Denker, Strömungen und Entwicklungen. Im Wesentlichen – abgesehen von den Werkzeugen und Modellen – ist für mich systemisches Coaching eine Frage der Haltung.
Im Mittelpunkt dieser Haltung steht die Lösungs- und Ressourcenorientierung. Systemische Beratung bedeutet für mich, die Menschen, die ich begleite, immer wieder in ihre besten Möglichkeiten einzuladen. Gunthard Weber* hat hierzu gesagt: „Nur weil ich den Karren in den Dreck gefahren habe, weiß ich noch lange nicht, wie ich ihn herausbekomme“. Systemische Beratung bedeutet also, sich eher dafür zu interessieren, wie bekommt man den Karren aus dem Dreck, als der Frage, wie ist er dort hineingekommen, nachzugehen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass Menschen sehr leicht ihre Defizite fühlen und gerne darüber nachdenken, was alles nicht geht. Mit meiner Beratung lade ich ein, in Lösungen zu denken und auf die eigenen Stärken zu schauen. Diese Fokussierung beinhaltet gleichzeitig eine starke Form der Wertschätzung. Denn letztendlich bedeutet Ressourcenorientierung das Gegenüber in und mit seinen Werten zu schätzen.
Darüberhinaus glauben ich daran, dass die Menschen, die zu mir ins Coaching kommen, die Lösung für ihr Problem bereits in sich tragen und dass von außen nachhaltig keine Lösungen „aufgezwungen“ werden können. Die Lösungen, die mir in der Beratung vielleicht am besten erscheinen, müssen für den Kunden nicht die richtigen sein. Das bedeutet, dass ich in der Beratung eine gewisse Neutralität beibehalte und bewertungsfrei auf den Kunden blicken. Ich unterstütze mit Lösungsimpulsen oder auch Ratschläge – diese sind jedoch immer nur ein Angebot an den Kunden. Er bleibt in der Verantwortung für die eigene Lösungsfindung – ich bin dabei eher eine Art Geburtshelfer. Meiner Erfahrung nach werden nur die eigenen Lösungen nachhaltig im Leben integriert und geben dem Kunden ein Gefühl von innerer Stimmigkeit. Und dieses Gefühl liefert letztlich die Kraft für die Veränderung.
Doch manchmal braucht es auch den Blick in die Vergangenheit, um alte Muster und blockierende Glaubenssätze zu erforschen, zu erkennen und hinter sich lassen zu können. Hier liefern die Modelle der Transaktionsanalyse für mich eine stimmige Ergänzung zum systemischen Ansatz. Und auch das ist systemisch - die Frage danach, was hilfreich ist und nicht nach dem "richtigen " Theorieansatz.
*Arzt für Psychiatrie-Psychotherapie, Leiter des Wieslocher Instituts für systemische Lösungen